Ich bin mal wieder Single und muss mir unwillkürlich die Frage stellen, was ich überhaupt vom Leben erwarte…
Statistisch betrachtet, sind 100% meiner Beziehungen gescheitert.
Da kann man schon pessimistisch werden.
Mein Glas ist nicht mehr nur halb leer.
Da ist überhaupt gar nichts mehr drin.
Ich bin allein. Ganz allein.
Wenn du ganz unten bist, kann es ja nur noch bergauf gehen, werden jetzt viele sagen… naja oder du wirst etwas seltsam, legst dir 75 Katzen zu, die dann dein Gesicht fressen, nachdem du in deiner Singlewohnung an deinem Single-Mikrowellenessen erstickt bist.
Kochen lohnt sich nämlich auch nicht, wenn man alleine ist.
Muss dann nicht immer 8 Stunden im Ofen gegarter Braten sein. Dann reichen auch die Dosenspagetti von Aldi. Aber die rühren die Katzen natürlich nicht an. Nicht wenn’s tränengepökeltes Gesichtsfleisch gibt.
Aber ich bin ja noch jung, da will ich die Hoffnung noch nicht aufgeben… die Katzen kann ich mir im Zweifel ja immer noch zulegen.
Warum bin ich Single? Schon wieder… immer noch… Gibt ja genug von uns, vor allem in Berlin. Da muss doch jemand dabei sein, der vorzugsweise attraktiv, humorvoll, klug und wohlhabend ist.
Aber selbst, wenn ich so jemanden sehe, traue ich mich meistens nicht etwas zu sagen.
Leider bin sehr schüchtern. Das heißt eigentlich nicht, ich stehe ja schließlich grade hier und schütte mein Herz vor einem Haufen unbekannter Menschen aus. Aber jedes Mal, wenn ich in der Bahn sitze und mich schaut ein hübscher Mann an, gucke ich ganz schnell weg. Und immer, wenn ich denke, dieses Mal aber, wenn er mich jetzt anguckt, dann lächle ich!
Ich mache mich also startklar.
Fixiere sein Gesicht und dann…
Er guckt rüber und ich reiße den Kopf herum und stoße ihn mir ziemlich heftig an der Fensterscheibe. Wenn dann noch die Nase fontänenartig zu bluten beginnt, hat auch der letzte Rest Sexappeal diese U-Bahn für immer verlassen.
Zum Glück bin ich in einer Zeit aufgewachsen, in der Weichwaden, wie ich, niemandem mehr in die Augen gucken müssen, um sich für die Paarung bereitwillig zu zeigen.
Mir blieb noch eins… das Internet.
Da sitzt einem ja kein hübscher Kerl gegenüber, naja in 90% der Fälle jedenfalls nicht.
Ich muss mich nicht überwinden, jemanden anzulächeln. Man wischt einfach nach rechts, wenn man jemanden gut findet und nach links, wenn nicht. Das geht dann so:
Links, links, links, rechts, links, links, rechts, links, links, links, links, Ex-Freund, links, links, links, links, links, rechts, links, links, Ex-Freund, links, links, ach verdammt der war ja doch ganz hübsch. Links, links, rechts, links, man sortiert und sortiert und irgendwann geht es einem gar nicht mehr um die Männer auf den Bildern… rechts, links, links, links, links, Eigentlich wischt man wie in Trance. Links, links, links, rechts, links, links, links, rechts, Plop, du hast ein Match mit jemandem!
Wie, was, Match neeee! ich will wischen… lass mich… links, links, links, rechts, links, links, links. Plop, sie haben Post…
Und dann geht der anstrengende Teil los… fragen nach Alter, Beruf, Nacktfotos und Hobbys…
Das ist so anstrengend, dass ich neben der Arbeit gar keine Zeit mehr habe für ein Hobby. Ich wische… das ist mein Hobby.
Immer und immer wieder. Bis man jemanden gefunden hat, mit dem man sich treffen möchte. Ein ewiger Kreislauf…
Ist das nicht auch das Problem unserer Wegwischgesellschaft? Wir geben uns keine Mühe mehr, weil der nächste potentielle Partner nur noch eine Handbewegung entfernt ist.
Dann kann man doch auch gleich Single bleiben. Damit hab ich viel weniger Stress und auch wieder Zeit für Hobbys.
Und Single zu sein, hat ja auch Vorteile…
Ich muss als Single nicht sofort alles aufräumen, oder so tun, als würde ich ordentlich sein. Die Bude 5 Stunden wienern um dann zu sagen, huch ich hab ja gar nicht aufgeräumt. Interessiert ja keinen, was da schon vor sich hinlebt in der Wohnung und vielleicht erschaffe ich damit intelligentes Leben. Dann bin ich auch nicht mehr allein…
Ich kann tun und lassen, was ich will ohne jemanden zu informieren.
Und manchmal, wenn mir danach ist, lasse ich die Klotür sogar auf. Ganz weit. Schwierig wird’s erst dann, wenn man doch mal wieder Besuch empfängt, mit heruntergelassener Hose auf dem Klos sitzt und dann merkt, dass die Tür ja noch auf steht…
Ach, was soll’s ich fahre jetzt ins Tierheim…